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Aktuelles zum Thema "Fachkräfte aus dem Ausland"

17.06.2015 | Willkommenskultur

Mittelstandsbeauftragte Gleicke zeichnet Unternehmen mit dem Preis "Mit Vielfalt zum Erfolg" für Willkommenskultur aus.

Zu der Rekrutierung von ausländischen Fachkräften gehört auch die nachhaltige Etablierung einer Willkommenskultur in Deutschlnad.
Klicken Sie hier, um den Leitfaden zur Rekrutierung ausländischer Fachkräfte kostenlos zu bestellen.

Die Broschüre können Sie kostenlos bei uns bestellen.

Die Geschäftsführung von Mucarad folgte am 17. Juni 2015 der Einladung von Frau Iris Gleicke (die Mittelstandsbeauftragte der Bundesregierung und parlamentarische Staatssekretärin beim Bundesminister für Wirtschaft und Energie) zur Verleihung des Preises "Mit Vielfalt zum Erfolg" für Willkommenskultur an kleine und mittlere Unternehmen (KMU) aus dem gesamten Bundesgebiet für ihre herausragenden Leistungen in den Bereichen Anwerbung und Integration internationaler Fachkräfte und Auszubildender. Eine hochrangige Jury mit Vertreterinnen und Vertretern aus Politik, Wirtschaft und Gesellschaft ermittelte zuvor die Preisträger.

 

Mittelstandsbeauftragte Gleicke: "Um weltweit Fachkräfte für eine Karriere in Deutschland zu begeistern, benötigen wir eine Willkommenskultur, die zum Bleiben einlädt. Die heutigen Preisträger schaffen in ihren Unternehmen in beispielhafter Weise solch eine gelungene Willkommenskultur. Mit dieser Investition in Vielfalt stärken sie nicht nur ihre Unternehmen, sondern auch den Standort Deutschland. Unsere Wirtschaft wird in Zukunft noch stärker auf qualifizierte Zuwanderung angewiesen sein. Deutschland ist ein attraktiver Standort für internationale Fachkräfte und ihre Familien und sollte hierfür auch im Ausland werben."

 

Muncarad war der Einladung von Frau Iris Gleicke gerne gefolgt, zumal diese wiederholt das langjährige qualifizierte und umfassende Engagement von Muncarad im Bereich ausländischer Fachkräfte unterstreicht.

21.10.2014 | Willkommenskultur

Außenminister Steinmeier: "Wir brauchen offene Türen! Wir brauchen sie wirtschaftlich"

Zu der Rekrutierung von ausländischen Fachkräften gehört auch die nachhaltige Etablierung einer Willkommenskultur in Deutschlnad.

Das Institut für Auslandsbeziehungen lud zu einer Podiumsdiskussion mit dem Thema "Verantwortung und Offenheit – Wo beginnt Willkommenskultur?" Die Veranstaltung befasste sich mit der Frage, welchen Beitrag die deutsche Außenpolitik leisten kann, um Fachkräfte aus dem Ausland für Deutschland zu gewinnen. In seiner kurzen Impulsrede warb Außenminister Steinmeier für das deutsche Modell als eine „freie und offene Gesellschaft, unsere Idee einer sozialen Marktwirtschaft “.

25.09.2014 | Publikation zum Thema Rekrutierung

Leitfaden zur Rekrutierung ausländischer Fachkräfte

Zu der Rekrutierung von ausländischen Fachkräften gehört auch die nachhaltige Etablierung einer Willkommenskultur in Deutschlnad.

Der Leitfaden zur Rekrutierung ausländischer Fachkräfte bietet Ihnen wertvolle Handlungsempfehlungen zum internationalen Recruiting. Sie können die Broschüre ab sofort und kostenlos hier bestellen.

10.09.2014 | Studie | Von Dr. Stefan Hirt

Spitzentalente anziehen - Was Deutschland von den USA lernen kann

Fachkräftemangel ist kein Thema der großen Politik, das hat der Bundestagswahlkampf 2013 gezeigt. Auch wenn gerade die Bundeskanzlerin von der Notwendigkeit sprach, die deutsche Wettbewerbsfähigkeit in den kommenden Jahren zu stärken, so wird der Mangel an herausragenden Fachkräften und Talenten innerhalb der großen Politik eher selten offen debattiert; was nicht bedeutet, dass die Parteien sich dieses Problems nicht bewusst wären. Im Gegenteil, das Problem Fachkräfte- und Talentmangel wurde von den meisten großen Parteien erkannt. Jedoch ruft eine offen geführte Diskussion um eine verstärkte Förderung der Einwanderung ausländischer Arbeitskräfte gemeinhin Sorgen um den Verlust deutscher Arbeitsplätze hervor und eignet sich daher generell weniger für den Wahlkampf als Fragen des Mindestlohns oder der Besteuerung.

Tatsächlich hat die deutsche wie auch die europäische Politik in den letzten Jahren einiges auf den Weg gebracht, um den Fachkräftemangel zu beheben. So wurde, um nur das wichtigste Beispiel zu nennen, innerhalb der EU die Blue Card eingeführt, die  seit dem 1. August 2012 Fachkräften und Akademikern aus Drittstaaten einen einfacheren Zugang zum deutschen und europäischen Arbeitsmarkt gewährt.

Die Blue Card war ein erster und wichtiger Schritt hin zu mehr Wettbewerbsfähigkeit im globalen Talentmarkt. Jedoch wäre es etwas verkürzt, das Problem rein in einem Fachkräftemangel zu sehen. Es handelt sich hier nicht um ein Defizit, das sich allein Gesetze und Verordnungen beheben lässt, sondern eines, das Deutschland noch lange beschäftigen wird und ein konsequentes Umdenken innerhalb der Politik und der Gesellschaft fordert. Mehr als nur Schritte zur Vereinfachung des Zuzugs von höherqualifizierten Bürgern aus Drittstaaten bedarf es eines Bewusstseins für die zunehmende Globalisierung des Arbeitsmarkts. Mehrere Experten haben bereits von einem „talent war“ gesprochen, der sich, verschärft durch die wirtschaftlichen Erfolge klassischer „Sender“-Staaten wie China und Indien, zwischen den industrialisierten Ländern abspiele. Hinzu kommt, dass gerade die westlichen Industrienationen einem demographischen Wandel unterliegen, der droht, den Mangel an Fachkräften dramatisch zu steigern. Während die Geburtenraten innerhalb der EU seit Jahren tendenziell nach unten zeigen, geht z.B. mit dem Renten-Einstieg der „babyboomer“-Generation den USA eine hohe Zahl an Arbeitskräften verloren. Gleichzeitig wird deutlich, dass die entsprechenden nationalen Bildungssysteme nicht genug Fachkräfte

und Talente ausgebildet haben, um die führende Stellung ihrer „global players“ in Zukunft zu unterstützen oder gar auszubauen.

Ausländische Fachkräfte und Talente sind dabei nicht nur Lückenfüller, sondern entscheidende Faktoren bei der Steigerung von Produktivität und Innovation.  Dies wird ganz besonders deutlich am Beispiel der USA: Professor Vivek Wadhwa von der Duke University führte mit seinen Studenten eine Studie zur Bedeutung von Einwanderern im US-amerikanischen Arbeitsmarkt durch und fand, dass zwischen 1995 und 2005 beinahe ein Viertel aller High-Tech-Firmen von Einwanderern gegründet wurden. Diese Firmen, so Wadhwa, beschäftigten über 450,000 Angestellte. Im Silicon Valley lag der Anteil der Firmen, die von Einwanderern gegründet wurden, sogar bei 52 %. Weiterhin ermittelten Wadhwa und seine Studenten, dass 26 % der Patentanträge im Jahr 2006 von Einwanderern eingereicht wurden. Bei großen Firmen wie Merck, GE oder Cisco war der Anteil sogar signifikant höher.  Yahoo und Google sind wohl die prominentesten Beispiele für den Erfolg von Einwanderern in den USA.

Allein diese Zahlen machen deutlich, wie wichtig es heutzutage ist, den eigenen Arbeitsmarkt für die globalen Ströme von ausländischen Fachkräften und Talenten attraktiv zu gestalten. Dass die USA hier die Nase vorn haben, ist offensichtlich. Der Global Talent Report der Intelligent Unit des britischen Economist belegt diesen Augenschein. Gemäß dem „Talent Index“ dieses Berichts bleiben die USA bis 2015 weiter der Spitzenreiter in diesem Bereich, dicht gefolgt von den skandinavischen Ländern. Deutschland verbessert sich von Platz 13 in 2011 auf Platz 11 in 2015.

Dieser bisher noch unangefochtene Erfolg der USA verwundert, wenn man die sehr bürokratische und eher restriktiv angelegte Einwanderungsgesetzgebung des Landes betrachtet. Angesichts dieser unattraktiven Gesetzgebung stellt sich die Frage, wie es den USA dennoch gelingt, wie kein anderes Land Talente aus aller Welt anzuziehen, und was Deutschland von den USA lernen kann. Die USA waren seit Ihrer Gründung ein Einwanderungsland und sind es, gewissen nativistischen Perioden zum Trotz, weiter geblieben. Ein erst kürzlich veröffentlichter UN-Bericht zur weltweiten Migration sieht die USA weiterhin an der Spitze aller Einwanderungsländer mit 45,8 Millionen Einwanderern.  Viele dieser Einwanderer, meist aus Mexiko und dem übrigen Lateinamerika, sind Geringverdiener und im Vergleich zur heimischen Bevölkerung eher schlecht ausgebildet.

Einwanderungsland mit höchster Anziehungskraft - USA

Am anderen Ende des Spektrums findet sich eine hohe Zahl sehr gut ausgebildeter ausländischer und im Ausland geborener Arbeitskräfte. Laut eines Berichts des Migration Policy Instituts aus dem Jahr 2008 machten die nicht in den USA geborenen Arbeitskräfte 33 % der Arbeitnehmer mit einem Master in Wissenschaft und Ingenieurwesen und 39 % mit einem Doktorgrad in diesen Fächern aus.   Die Anteile von Einwanderern auf dem US-Arbeitsmarkt konzentrieren sich an zwei Extremen. Dies zeigt, dass die USA für ein weites Spektrum an Migranten, und nicht nur für Spitzentalente, eine attraktive neue Heimat darstellt. Im Vergleich zu anderen industrialisierten westlichen Ländern ist die Arbeitslosigkeit bei Einwanderern in den USA eher niedrig. Viele gut ausgebildete Einwanderer müssen jedoch nach der Einwanderung einen anfänglichen Verlust an sozialem Status hinnehmen, was oft daran liegt, dass ihre akademischen Leistungen im Heimatland nur selten völlig anerkannt werden.  Auch hier lässt sich beobachten, dass viele gut ausgebildete Talente trotz der Gefahr des sozialen Abstiegs und der im Vergleich zu Europa mangelhaften sozialen Absicherung durch den Staat für sich eine Chance auf Erfolg in den USA sehen. Am erfolgreichsten sind jene Einwanderer, die Ihr Studium an US-amerikanischen Universitäten abschließen. Tatsächlich sind es gerade auch die Universitäten, welche am meisten dazu beitragen, Talente aus aller Welt anzuziehen. Ein Großteil der Abschlüsse im STEM-Bereich (Science, Technology, Engineering, Mathematics) geht mittlerweile an ausländische Studenten.

Dass US-Universitäten gerade so viele talentierte Studenten anziehen liegt vor allem daran, dass sie sowohl in Lehre als auch in Forschung zu den besten der Welt gehören. Die Hälfte aller weltweiten Top-Universitäten, so der Global Talent Report, sind in den USA beheimatet. Neben dem guten Ruf bieten diese Universitäten ein attraktives Forschungsumfeld und exzellente Förderungen für ausländische Talente. Hier ist auch ein „virtuous circle“ zu beobachten: je mehr Spitzenforscher und hochqualifizierte Nachwuchstalente eine Universität (oder eine Region wie Silicon Valley) anbieten kann, desto höher ist auch deren Attraktivität für neue Talente, und desto höher wiederum sind die dabei entstehenden Synergieeffekte.

 

Die qualifizierte Ausbildung in den USA schlägt sich auch in den hohen Löhnen nieder, die Absolventen in den USA erwarten können.  Prof. Wadhwa fand in seiner Studie, dass beinahe die Hälfte der indisch- sowie chinesisch-stämmigen Einwanderer diese Aussicht auf höhere Löhne als Gründe für Ihre Entscheidung angegeben haben, in den USA zu leben.  Akademische Leistung zahlt sich dort aus, und die Investitionen ins eigene „Humankapital“ können in Anbetracht der hervorragenden Stellung vieler US-amerikanischer Firmen als relativ sicher gelten. Stabile, rechtsstaatliche Strukturen, ein sicheres geistiges Eigentumsrecht, und eine ausgeprägte Förderung unternehmerischer Aktivitäten tun ihr Übriges, um Investitionen ins eigene Humankapital abzusichern und damit die richtigen Anreize zu schaffen. Firmen wie Google, Facebook oder Microsoft sind nur die bekanntesten Unternehmen in den USA, deren Talenthunger selten gestillt ist. Microsoft-Gründer Bill Gates setzt sich daher auch schon seit Jahren für die Reformierung der komplizierten US-Einwanderungsgesetze ein.

Die hohen Investitionen in Research & Development, die von US-Unternehmen getätigt werden, bieten für viele Spitzentalente die Möglichkeit, auch nach ihrem Abschluss in der Wirtschaft weiter zu forschen. Dass mit Englisch die Landessprache der gängigen Forschungs- und Businesssprache entspricht, trägt einen großen Teil dazu bei, Fachkräften und Talenten die Integration erheblich zu erleichtern. Die bereits angesprochen Synergieeffekte, die sich aus den etablierten Talent-Communities ergeben, wirken sich ebenfalls zur Erleichterung der Integration aus: die ausländische Fachkraft arbeitet in einem klassischen Einwandererland, das sich auch als solches versteht. Neben Kollegen aus dem eigenen Herkunftsland trifft man auf eine äußerst vielfältige und tolerante Gesellschaft, die kulturelle Unterschiede weniger marginalisiert denn affirmiert. Diese etablierte Toleranz-kultur und das generell allen Einwanderern gegebene Versprechen eines besseren Lebens wurde schon früh in das US-amerikanische Selbstverständnis integriert (vom „E Pluribus unum“ zum „Give me your tired, your poor“ der Freiheitsstatue) und bildet die Grundlage des amerikanischen Mythos, der bis heute den Ruf der USA ausmacht und dem Land damals wie heute entscheidende Vorteile im Kampf um globale Talente beschert. Dass der Süden der USA in den letzten Jahrzehnten einen davor kaum für möglich gehaltenen wirtschaftlichen Aufschwung erfuhr, ist vor allem der Durchsetzung der Bürgerrechte durch den Obersten Gerichtshof in den 1950er und 1960er Jahren zu verdanken, der die Südstaaten zwang, ihre oft rassistischen gesellschaftlichen und politischen Strukturen zu reformieren und sich damit auch attraktiv für global operierende Firmen zu machen.

 

 

Demgegenüber wird Deutschland, trotz seines allseits guten Rufs auf der Welt, weiterhin als eher geschlossene Kultur betrachtet. Etwaige Debatten um Leitkultur trugen nicht dazu bei, etwas an diesem Bild zu ändern. Selbstverständlich besitzen auch die USA konkrete Vorstellungen und feste Rahmen, innerhalb derer sich nationale Identität ausbildet. Mehr als noch in Deutschland beziehen sich diese Vorstellungen auf individuelle Freiheit, Gleichheit vor dem Gesetz, oder Schutz vor Diskriminierung, d.h., sie speisen sich primär aus dem absoluten  Grundwert „Freiheit“ und sind somit weniger inhaltlich als strukturell formal geprägt. „Amerikanisch“ ist demnach nicht so sehr ein bestimmter Komplex aus inhaltlichen Vorstellungen, als vielmehr die Affirmation eines freiheitlichen Rahmens, innerhalb dessen sich das Individuum so verwirklichen kann, wie es dies selbst für richtig hält. Eine Umfrage zum Thema „Amerikanische Identität“ ergab zum Beispiel, dass 93% der Befragten es für amerikanisch hielten, Menschen aller Art und jeden kulturellen Hintergrunds als Mitbürger zu akzeptieren. 97 % sahen Respekt für die kulturellen Unterschiede anderer Menschen als spezifisch amerikanisch an.  Was zählt ist weniger der Inhalt, als vielmehr der Rahmen: nicht die konkrete Ausgestaltung des Einzelnen, sondern das Spielfeld, das den „pursuit of happiness“ des Einzelnen ermöglicht. Es sind daher auch die Gründungsdokumente des eigenen politischen Systems, sowie die Bewahrer dieses Systems wie George Washington oder Abraham Lincoln, die besonders als Leitbilder fungieren. Es wundert daher nicht, dass die große Mehrheit der von Prof. Wadhwa befragten chinesisch- und indisch-stämmigen Fachkräfte betonten, die Integration in die lokale Kultur sei ihnen relativ einfach gefallen.

Der Oberste Gerichtshof der USA hat seit den 1960er Jahren diese Inhalts-Neutralität entschieden verfochten und damit den Schutz von Minderheiten, Einwanderern und den Bürgern generell weit vorangebracht. Zwar ist Rechtsstaatlichkeit sowie generell die Existenz stabiler demokratischer Institutionen in einer Gesellschaft ein weiteres wichtiges Kriterium für die Attraktivität einer Gesellschaft. Der besondere und in manchen Fällen auch entscheidende Bonus, den die USA in dieser Hinsicht besitzen, ist die Vorherrschaft des Individuums in Fragen der Rechtsprechung, der Politik und der politischen Debatte, der Wirtschaft, und vor allem des nationalen Selbstverständnisses. Ob das Individuum nun besser in den USA oder in den Wohlfahrtsstaaten der EU geschützt ist, sei dahingestellt. Wichtig ist, dass, wie auch im Falle der bereits angesprochenen Freiheitskultur, diese zentrale Rolle des Individuums ein grundlegender Bestandteil der nationalen Identität ist und als solches offen und überzeugend vertreten wird. Präsident Obama bezog sich auf diesen Mythos in einer Rede im Wahlkampf 2012: „America where no matter who you are, no matter what you look ike, no matter where you come from, no matter what your last name is, no matter who you love, you can make it here if you try.“

 

Der Amerikanische Traum ist für viele Talente erstrebenswert

Der amerikanische Mythenkomplex, wie in diesem Fall jener des „from rags to riches“, ist weiterhin, und wenn auch nur als Mythos, lebendig. Gepaart mit einem für europäische Verhältnisse ungewohnt ausgeprägten Individualismus herrscht in den USA eine dynamische und innovative, jedoch auch risikoreichere Leistungsgesellschaft. Das Fehlen eines gut ausgebauten Wohlfahrtsstaats europäischer Couleur scheint jedoch globale Spitzentalente und Fachkräfte wenig abzuschrecken, sondern in Anbetracht der mangelnden staatlichen Regulierung genau jenes dynamische Umfeld zu geben, das es ihnen erlaubt, ihr Potenzial am besten auszuschöpfen. Zusammen mit den wohl etablierten demokratischen und rechtsstaatlichen Strukturen, dem Bekenntnis zur Vielfalt, der gut ausgebildeten Forschungskultur des Landes und dem ausgeprägten kapitalistischen Rahmen (sowohl was die zentrale Rolle des Kapitalismus für das amerikanische Selbstverständnis angeht als auch die Existenz eines Finanzmarkts, der Investitionen fördert) bieten die USA globalen Talenten eine Umfeld, in dem Innovation und Wandel affirmiert und sogar eingefordert werden.

Auch wenn weniger gut ausgebildete Einwanderern daher nicht die Unterstützung eines breit gefächerten und gut aufgestellten Wohlfahrtsstaats zugutekommt, haben sie in den USA dafür im Vergleich zur einheimischen Bevölkerung gute soziale Aufstiegschancen. Inwiefern die gerade von Republikanern vertretene „equality of opportunity“ in den USA noch vorherrscht, darüber wird sowohl in der Politik als auch in der akademischen Forschung gestritten.  Lane Kenworthy argumentiert zum Beispiel, dass sich die Ungleichheit der Möglichkeit verschoben hat vom Faktor Rasse zum Faktor Familienhintergrund. Wie viele andere Kommentatoren auch, betont Kenworthy, dass die Ungleichheit in den USA im Vergleich zu anderen demokratischen Staaten in den letzten Jahren erheblich zugenommen hat. Demgegenüber sollte jedoch erwähnt werden, dass globale Spitzentalente die Bedeutung dieser Thematik für sich selbst eher geringer einschätzen werden. Schon eher eine Rolle spielt in ihren Überlegungen der allgemeine Lebensstandard. Wie die Boston Consulting Group erst kürzlich ermittelte, nannten Nicht-US-Bürger materiellen Wohlstand, wirtschaftliche Chancen und die Lebenshaltungskosten als Gründe für ihren Wunsch, in den USA zu leben.

Der relativ hohen Flexibilität des US-Arbeitsmarkts zum Trotz ergeben sich jedoch für Einwanderer konkrete Einschränkungen. Wer sich zum Beispiel um eine permanente Aufenthaltsgenehmigung bemüht, muss oft Jahre warten. Sollte er während dieser Zeit seinen Arbeitgeber wechseln, läuft er Gefahr, seinen Wartelistenplatz zu verlieren.

 

Die deutlich hohe Wartezeit zeigt an, wie begehrt die USA für Menschen aus aller Welt sind. Ebenso macht sie jedoch deutlich, dass die Einwanderungsgesetzgebung einer dringenden Reform bedarf, und zwar nicht allein im Hinblick auf die Millionen von illegalen Einwanderern, die bereits in den USA leben, sondern auch angesichts des hohen Bedarfs an globalen Spitzentalenten und Fachkräften.

Wer in den USA einen Job gefunden hat, kann über seinen Arbeitgeber eine Green Card beantragen. Da es jedoch sehr viele Mitbewerber gibt und jährlich nur 50,000 solcher permanenter Aufenthaltsgenehmigungen erteilt werden, gibt es für ausländische Arbeitskräfte noch die Möglichkeit, ein zeitlich begrenztes Arbeitsvisum zu beantragen. Es gibt viele verschiedene Kategorien solcher temporärer Arbeitsvisa. Für Fachkräfte gibt es zum Beispiel seit dem „Immigration Act“ von 1990 ein E-3 Visum und für Einwanderer mit hohen akademischen Abschlüssen ein E-2 Visum. Ausländische Spitzentalente und Fachkräfte in den Bereichen Forschung, Informationstechnologie und Ingenieurwesen können sich für L-1 sowie H-1B Visa bewerben. Gerade letztere, 1990 gestaltet, um globale Talente anzuziehen, erfreuen sich großer Nachfrage, so dass sich auch hier eine lange Warteliste gebildet hat. Das Problem an den H-1B Visa ist, dass sie wie die Green Card auch jährlich begrenzt sind und der aktuellen Nachfrage schon seit Jahren nicht mehr entsprechen - und das, obwohl gerade die Firmen, welche ein solches Visum beantragen, für ihren Antrag nachweisen müssen, keinen US-Amerikanischen Bewerber für die Stelle gefunden zu haben.  Dennoch wurde das H-1B Visum gerade in den letzten Jahren von Seiten der Gewerkschaften und Arbeitsmarkt-experten eben dafür kritisiert, US-Amerikanern zugunsten von schlechter bezahlten ausländischen Fachkräften den Job zu nehmen.  Gerade auch um dieser Angst zu begegnen wurde eine jährliche Begrenzung von 65,000 H-1B Visa eingerichtet. Dass dies nicht genug ist, darauf weist zum Beispiel Bill Gates regelmäßig hin, dessen Belegschaft bei Microsoft, so Christopher Fulmer, zu 8 % aus solchen H-1B Mitarbeitern besteht. Zudem ist das H-1B Visum auch zeitlich auf sechs Jahre Aufenthalt begrenzt. Für Arbeitsvisakategorien der E-Klasse („employment-based visa“) gelten zusätzlich zu der Begrenzung der Anzahl (140,000 jährlich) noch eine Begrenzung, die sich am Senderland orientiert: so darf kein Land jährlich mehr als 7 % der Antragsteller stellen - gerade bei traditionellen Senderländern wie Indien ein großes Problem.

 

 

Prof. Wadhwa ist daher nicht allein, wenn er auf den immensen Backlog (über 500,000) hinweist, der sich mittlerweile bei den Visa-Anträgen gebildet hat.  Antragsteller müssen sich darauf einstellen, mehrere Jahre lang auf ihre temporäre oder permanente Aufenthaltsgenehmigung zu warten. Dass Planungssicherheit anders aussieht, liegt auf der Hand. Zudem ist der Prozess auch nicht gerade günstig und mit erheblichem Arbeitsaufwand für Arbeitgeber und Arbeitnehmer verbunden.

2009 führte Prof. Wadhwa eine Studie unter ausländischen Studierenden in den USA durch und fand dort eine stark geschwundene Bereitschaft vor, nach dem Studium weiter in den USA zu bleiben. 3/4 der Befragten gab dabei als Hauptgrund die Sorge an, keine Aufenthaltsgenehmigung zu erhalten.  Wadhwa warnt daher schon seit Jahren vom „reverse brain drain“, der Tatsache, dass die USA globale Talente an ihren Spitzenuniversitäten ausbilden, um sie dann wieder zu vertreiben, indem sie ihnen nur wenig Perspektive auf eine permanente Aufenthaltsgenehmigung geben. Auch Vignaswari Saminathan weist auf dieses Problem hin:

„[I]nstead of being able to offer the best and brightest immediate legal permanent residency, as is being done within competitor nations, the U.S. can now, at best, only offer a long wait for legal permanent residency, and at the worst, offer an uncertain future as to whether the application for permanent residency will be decided in favor of the would-be immigrant.“

 

Als Kontrast dazu verweist Saminathan auf das kanadische Modell, das auf einem Punktesystem basiert, welches es den talentiertesten Einwanderer („the best and the brightest“) viel einfacher macht, eine Aufenthaltsgenehmigung zu erlangen und auch flexibel auf Arbeitsbereiche zugeschnitten werden kann, in welchem zu einem bestimmtem Zeitpunkt ein Mangel an Fachkräften festgestellt wird. Das Einwanderungssystem der USA dagegen ist weiterhin vor allem auf den Zuzug von Familienmitgliedern zugeschnitten so dass, wie eine Untersuchung von 2010 zum Schluss kommt, das Land lediglich an jeden Siebten jährlich ein Visum vergibt, das sich an wirtschaftlichen Bedürfnissen orientiert.  Auch wenn die nativistische Tendenz, die mit der Finanzkrise kurzzeitig das Land erfasst hat und sich auch auf die Vergabe von Arbeitsvisa niedergeschlagen hat (so dass z.B. Finanzinstitutionen, die vom Staat finanzielle Hilfe erhielten, keine solche Visa mehr beantragen durften), mittlerweile wieder abgeflaut ist, bleibt das Grundproblem bestehen.

 

Ein Großteil der ausländischen Talente muss sich trotz eines guten Jobs einem langwierigen Prozess unterziehen um für sich eine Aufenthaltsgenehmigung zu erlangen. Diese Problematik bekommen auch Arbeitgeber zu spüren. Microsoft hat zum Beispiel mittlerweile ein Forschungszentrum außerhalb von Vancouver, Kanada, aufgebaut, um damit von der viel talentfreundlicheren Einwanderungsgesetzgebung des nördlichen Nachbarn zu profitieren.

Prof. Wadha betont jedoch, dass auch andere Gründe ein Rolle beim „reverse brain drain“ spielen. Gerade indische und chinesische Fachkräfte kehren oft aus familiären Gründen in ihre boomende Heimat zurück. Auch die eigenen Aufstiegschancen bewerten sie in ihren Heimatländern mittlerweile deutlich positiver als noch früher.  Hier zeigt sich die neue Konkurrenz, die mittlerweile von den klassischen „Sender“-Ländern ausgeht. Doch auch Deutschland könnte sich die Schwächen des Talent-Spitzenreiters zu Nutze machen, wenn man hierzulande aus den Entwicklungen in den USA die richtigen Schlüsse zieht.  Eine Studie des Migration Policy Institute betont die zentrale Rolle einer transparenten und zuverlässigen Gesetzgebung, die Einwanderern jene Planungssicherheit gibt, die sie brauchen, um sich im Gastland eine eigene Existenz aufzubauen. Wer keine Chance sieht, einmal Staatsbürger zu werden, entscheidet sich vielleicht doch für ein anderes Land, das ihm diese Möglichkeit bietet. Ayelet Shachar sieht diesen Punkt als entscheidenden Vorteil gegenüber den USA:  besitzen diese zwar ein immenses wirtschaftliches Potenzial, so antworten kleinere Staaten vermehrt mit Anreizpaketen, zu denen eben auch das Angebot der Staatsangehörigkeit gehört. Gerade Fachkräfte aus Entwicklungsländern ließen sich von diesem „citizenship factor“, so Shachar, locken. Auch er hebt das kanadische Modell hervor, das bei seinen Einwanderern einen hohen Bildungsgrad verzeichnen kann, und den hochtalentierten unter ihnen eine permanente Aufenthaltsgenehmigung bietet, welche automatisch nach ein paar Jahren zur Staatsbürgerschaft führt.

Die Studie „Talent in the 21st-Century Economy des Migration Policy Institute erwähnt noch andere Faktoren, die globale Spitzentalente anziehen. Hierzu gehören vor allem die Anerkennung ausländischer Studienleistungen (in den USA nicht immer gegeben, weswegen sich Talente mit ausländischen Abschlüssen oft schwer auf dem Arbeitsmarkt tun, so dass bereits von einem „brain waste“' gesprochen wird ), die Chance, auch Familienmitgliedern einen permanenten Aufenthalt zu ermöglichen, eine stabile Infra- und Forschungsstruktur, sowie eine Willkommenskultur im Gastland.

 

Dies zeigt, dass die Blue Card Initiative der EU zwar ein wichtiger Schritt in die richtige Richtung ist, jedoch bei weitem nicht ausreicht.

Bereits mehrere Jahre vor der Blue Card führte Deutschland aufgrund eines akuten Mangels eine eigene Green-Card für hochqualifizierte Fachkräfte ein. Auch wenn die Erwartungen an diese Initiative nicht erfüllt wurden, ebnete diese Green Card und die sie begleitende Diskussion den Weg für das Zuwanderungsgesetz von 2005, dass es hochqualifizierten Fachkräften und Akademikern, die in Deutschland studiert haben, leichter machen sollte, eine Aufenthaltserlaubnis zu erlangen. Auch deren Familien wird ein Aufenthalt ermöglicht, so dass hier ein weiterer Anreiz geschaffen wurde. Im Gegensatz zu den USA gibt es bei den Blue Cards keine jährliche Beschränkung der Anzahl, allerdings wurde auf das flexiblere kanadische Punkte-System verzichtet.

Jedoch bestehen weiterhin bürokratische Hürden bei der Blue Card, die von vielen Experten bereits kritisiert wurden.  Eine Blue Card läuft nach spätestens vier Jahren aus und führt nicht automatisch zu einer dauerhaften Niederlassungserlaubnis. Auch wird das oft als zu hoch angesetzt kritisierte Mindestgehalt von 46.400 kritisiert, dass für den Blue Card-Antrag erforderlich ist. Überhaupt wurde gesetzlich zwar mehr unternommen, jedoch findet auch die Zulassung von talentierten Arbeitskräften weiterhin eher im Modus eines Abwehrreflexes statt und Einwanderer bleiben im Antragsprozess oft auf sich allein gestellt.

Trotz der Blue Card kommen daher weiterhin nur sehr wenige Fachkräfte außerhalb des EU-Raums nach Deutschland. Es ist gerade das Einwanderungssystem, das hier abschreckend wirkt, wie eine jüngste OECD-Studie aufzeigt.  Dieses werde, so der OECD-Bericht, im Ausland weiterhin als äußerst restriktiv wahrgenommen. Hier zeigt sich, dass eine Vereinfachung des Zuzugs von Spitzentalenten allein nicht ausreicht, und die deutsche Einwanderungs-  und Integrationspolitik weiterhin ein negatives bis abschreckendes Bild im Ausland abliefert. Auf der anderen Seite spiegelt das deutsche Arbeitgeberverhalten das generelle Misstrauen eines Teils der deutschen Gesellschaft vor Arbeitsmigration wieder. Laut dem OECD-Bericht sind es vor allem die Arbeitgeber, die trotz eines Mangels an Fachkräften eine proaktive Suche nach Arbeitnehmern im Ausland scheuen. Mangelnde Verfahrenskenntnisse, Scheu vor etwaigen Komplikationen, sowie Zweifel an den Sprachkenntnissen der Fachkräfte sind laut OECD die Hauptgründe für die mangelnde Initiative deutscher Arbeitgeber.

 

 

Deutsche Unternehmen müssen sich internationalisieren

Um dem Mangel an Fachkräften und Talenten zu begegnen, bedarf es mehr als einer Vereinfachung des Zuzugs von hochqualifizierten Arbeitnehmern. Auch wenn seit dem Zuwanderungsgesetz von 2005 Integrations- und Sprachkurse für Immigranten gefördert werden, sollte im Ausland noch viel entschiedener für deutsche Sprache sowie den deutschen Arbeitsmarkt geworben werden. Zumindest im Bereich der deutschen Sprache kann seit der Wirtschaftskrise innerhalb der EU-Krisenländer ein gestiegenes Interesse beobachtet werden, dennoch liegt Deutsch in der Beliebtheit der Sprachen weiterhin hinter populären Sprachen zurück. Auf der Unternehmerseite wäre es zudem geboten, auf lange Sicht hin Englisch als zweite Firmensprache zu etablieren um somit der zunehmenden Globalisierung nicht nur des Arbeitsmarkts Rechnung zu tragen. Gleichzeitig sollten Unternehmen selbst Sprachkurse anbieten, um ihre ausländischen Fachkräfte so schnell als möglich in der Gesellschaft wie auch im Unternehmen zu integrieren. Solche Sprachprogramme von Unternehmerseite sind mittlerweile auch bei vielen Firmen innerhalb der EU eine Selbstverständlichkeit. Die kanadische Regierung arbeitet zum Beispiel seit 2003 eng mit Unternehmen, wie auch Kommunen und NGOs zusammen, um den Spracherwerb von Einwanderern zu verbessern sowie Mentoring-Programme zu fördern.

Ein weiteres Problem besteht darin, dass man zwar versucht, ausländische Akademiker mit einem deutschen Abschluss hierzubehalten, doch noch zu wenig dafür tut, diese Talente an deutsche Universitäten zu locken. Laut einer Studie erhalten 40 % aller ausländischen Studierenden in den USA eine Förderung oder gar ein Stipendium.  Zwar erfreuen sich deutsche Universitäten weiterhin großer Beliebtheit bei ausländischen Studenten, dennoch gilt es, den Vorsprung der USA zu verringern, will man im Konkurrenzkampf um Spitzentalente nicht ins Hintertreffen geraten. Um attraktiv für ausländische Talente zu werden, muss Deutschland sein Stipendienangebot ausweiten und mithilfe der einzelnen Länder und Universitäten neue Anreiz-Programme schaffen. Gleichzeitig sollte man sich nicht rein auf die Ausweitung der Förderung ausländischer Studenten verlassen. Auch im Bildungsbereich muss das Gesamtpaket stimmen. Deutsche Universitäten müssen ihre Position im internationalen Vergleich ausbauen, um ein attraktives Forschungsumfeld anbieten zu können. Wie wir gesehen haben, sind es gerade die erheblichen akademischen Möglichkeiten sowie die hervorragend ausgebauten Netzwerke, die es den USA erlauben, talentierte Studenten aus aller Welt anzuziehen. Austauschprogramme mit anderen Universitäten oder Kooperationen mit anderen Staaten (wie z.B. einiger US-Universitäten, die in Kooperation mit der Qatar Foundation Ableger in Katar eröffnet haben) haben sich ebenfalls als sehr hilfreich erwiesen.

 

Auch an der Art und Weise, wie ausländische Studierende an US-Universitäten integriert und schrittweise auf ihrem Weg zu einer akademischen Karriere an der jeweiligen Institution betreut werden, sollte man sich in Deutschland ein Beispiel nehmen, wo sich der Studierende oft genug auf seinem akademischen Weg selbst überlassen wird.

Doch nicht nur für Universitäten, auch für Schulen und Unternehmen sollte es ein umfassenderes Integrationskonzept geben. Integration darf nicht als ausschließliche Aufgabe des Staates verstanden werden, sondern als Chance für Arbeitgeber und Arbeitnehmer wie auch für die Gesellschaft als Ganzes. In den USA, wo der Staat generell wenig für die Integration unternimmt, sind es gerade die Unternehmen, aber auch städtische Kommunen und kirchliche Gemeinden, die sich bemühen, eine Willkommenskultur zu etablieren. Hier zeigt sich erneut der Unterschied zwischen den USA, die sich sowohl als Einwanderungsland wie auch als Land der Vielfalt verstehen, und Deutschlands, wo man, noch im Geiste eines Leitkultur-Konzeptes und einer von der Abstammung her definierten nationalen Identität, zumeist vom Einwanderer verlangt, sich anzupassen.

Willkommenskultur beschreibt das Bewusstsein, als Gesellschaft sowie als Einzelner von Einwanderung zu profitieren und seinen Teil dazu beizutragen, dass Einwanderer sich in ihrer neuen Heimat tatsächlich zu Hause fühlen. Es beschreibt auch konkrete Ansätze zur Integration, die von der Regierung, den Kommunen und den Unternehmen erbracht werden. Von Seiten der Unternehmen bedeutet dies neben der Förderung des Spracherwerbs auch den Aufbau von Mentoring-Programmen, bei denen einem neuen Mitarbeiter aus einem anderen Land ein Mentor zur Seite gestellt wird, der ihm bei allen Fragen und Problemen im neuen Gastland behilflich ist und ihm die Umstellung erleichtert. Neben der Integration am Arbeitsplatz entspricht einer Willkommenskultur im Unternehmen auch die Unterstützung bei arbeitsrechtlichen Fragestellungen, bei der Wohnungssuche, und bei der Verbindung zu sozialen Netzwerken. Ebenso fördern Schulungen zur Verbesserung der interkulturellen Kompetenz im eigenen Unternehmen sowohl bei in- und ausländischen Mitarbeitern die betriebliche Willkommenskultur. Kulturelle Vielfalt im Unternehmen sollte aktiv gefördert und nach Außen getragen werden. Ein betriebliches Bekenntnis zur Vielfalt stellt nicht nur einen Anreiz für ausländische Fachkräfte dar, sondern kann auch der Steigerung von Kreativität und Innovation dienen. Ein erster Schritt zu einem öffentlichen Bekenntnis wurde bereits mit der Unternehmensinitiative „Charta der Vielfalt“ unternommen, als deren Schirmherrin die Bundeskanzlerin fungiert.

 

Die Charta nennt als Maßnahmen von Unternehmensseite die bereits angesprochen Sprachkursangebote sowie die innerbetriebliche Sanktionierung von Diskriminierung aller Art, bekennt sich aber auch zur Notwendigkeit der verbesserten Anerkennung von akademischen wie auch beruflichen Leistungen (in letzterem Fall wurden bereits mit dem Anerkennungsgesetz von 2012 erste Schritte unternommen). Auch im Bereich Diskriminierung haben die USA als klassisches Einwanderungsland die Nase vorn. Gerade die Bürgerrechtsgesetze seit den 1960er Jahren und die Affirmation Action-Programme haben dafür gesorgt, dass jegliche Form der Diskriminierung eine sehr kostspielige und rufschädigende Angelegenheit für den Arbeitgeber wird. Mehr als nur ein Programm, ist Affirmative Action ein Bekenntnis zur Vielfalt, das  für viele (wenn auch bei weitem nicht alle) Amerikaner zu einem Teil ihres nationalen Selbstverständnisses geworden ist.

Von Seiten der Kommunen und NGOs kann ebenfalls Hilfe zur Integration kommen. Eine Studie des Migration Policy Institute beschreibt die Arbeit der NGO Upwardly Global, die Einwanderern dabei hilft, die eigenen arbeitsbezogenen Fähigkeiten sowie soft-skills zu verbessern, sich in den USA zu bewerben, ihre Abschlüsse anerkennen zu lassen, oder die eigenen kulturellen Kompetenzen zu erweitern. Die Organisation hilft jedoch auch Unternehmen dabei, ihr Integrationsprofil zu verbessern.  Abseits von NGOs können Kommunen selbst aktiv werden, indem sie wie z.B. Hamburg Welcome Center anbieten. Solche Welcome Center bieten sowohl Beratungen zu allen für Einwanderer relevanten Fragen sowie ein breites Integrationsangebot.

Die Politik hat in den letzten Jahren weitere Schritte unternommen, um Deutschland für globale Talente attraktiver zu machen. Letztlich wird es jedoch entscheidend sein, dass die Unternehmen wie auch die Bürger mitziehen. Im Fall der Bürger bedeutet dies, dass ein Umdenken über deutsche Identität erforderlich ist. Die bis ins Jahr 2000 im Gesetz verankerte Festlegung von deutscher Nationalität im Sinne von Abstammung ist zunehmend durch die Globalisierung obsolet geworden. Sicherlich hat Deutschland in der Vergangenheit sehr viele Einwanderer aufgenommen, und steht im Hinblick auf die Problematik des Rechtspopulismus in Europa derzeit noch relativ gut da. Damit globale Talente sich jedoch wirklich in Deutschland zu Hause fühlen können, braucht es ein weit inklusiveres Narrativ von deutscher Identität, als es bisher im öffentlichen Diskurs angeboten wird. Die Politik kann ein solches Narrativ nicht alleine anbieten, aber sie kann seine Entstehung fördern, indem sie auf populistische Gesten im Wahlkampf verzichtet, dem nationalistischen Reflex der Angst um deutsche Arbeitsplätze entschieden entgegentritt, Integration innerhalb der Gesellschaft und der Unternehmen fördert sowie sich zu gesellschaftlicher Vielfalt bekennt und diese auf  gesetzlicher und institutioneller Ebene unterstützt.

 

Eine Studie der Bertelsmann-Stiftung zur Willkommenskultur betont genau diesen Aspekt, der Deutschland weiterhin so fundamental von den USA unterscheidet, welche Einwanderer nicht nur anziehen, sondern auch - gerade durch ihr Identitätsnarrativ und der Bekenntnis zur Vielfalt - erfolgreich integrieren können:

 

„In a more broad sense, the concept of a welcoming culture involves the overall approach to diversity found within a society.This includes several other dimensions such as the guiding principles of constitutions or policy programs and their corresponding institutional arrangements, the extent to which ethnic diversity is addressed in school curricula, the representation of individuals with a migration background in the media and public debates, financial support for migrant-advocacy organizations, the extent to which multilingualism is promoted, and active support for disadvantaged immigrant groups.“

 

Deutschlands großes Problem neben den weiterhin bestehenden bürokratischen Hürden bei der Einwanderung ist der Ruf, als Gesellschaft eher verschlossen zu sein. Die Taten der NSU und die lange Zeit verschleppte Aufklärung derselben haben in aller Welt Beachtung gefunden. Gerade an diesem Ruf muss gearbeitet werden - mit klaren politischen Signalen wie auch mit direkten Marketing-Projekten. Im globalen Kampf um Spitzentalente muss sich Deutschland als attraktiver Arbeitsmarkt verkaufen. Erst diesen September heimste Deutschland Kritik vom UN-Menschenrechtsrat ein, als dieser seinen Bericht zur aktuellen Menschenrechtssituation im Land veröffentlichte. Im Zuge dieser Veröffentlichung wurde erneut deutlich, dass gerade, jedoch längst nicht ausschließlich, die NSU-Morde der Welt deutlich gemacht haben, dass es in Deutschland weiterhin ein Rassismus- sowie Integrationsproblem gibt.

Darüber hinaus darf man sich bei der Einwanderungspolitik nicht alleine auf die Spitzentalente und Fachkräfte konzentrieren, sondern muss sich auch bemühen, bereits hier lebende Einwanderer besser zu integrieren und ihre Chancengleichheit zu erhöhen. Die Situation der Immigranten in Deutschland wird auch außerhalb des Landes wahrgenommen und schädigt genau jenen Eindruck, den Deutschland bräuchte, um für ausländische Spitzenkräfte als neue Heimat attraktiv zu sein. Dazu sollte neben dem Zuzug von Talenten und Fachkräften auch das Unternehmertum gestärkt werden. Einwanderer sollten Anreize erhalten, in Deutschland nicht nur angestellt werden zu können, sondern selbst Unternehmen zu gründen. Auch hier kommt den USA als Land des Unternehmertums eine gewisse Vorbildfunktion zu.

 

Eine Studie des Chicago Council on Global Affairs erwähnt ein „Microloan“-Projekt in der Stadt Willmar in Minnesota, dass es lateinamerikanischen Einwanderern und somalischen Kriegsflüchtlingen ermöglicht hat, sich selbstständig zu machen. Solche Programme stehen im Gegensatz zu einer hierzulande weiterhin etablierten Verhinderungskultur, die Einwanderern tendenziell mit Skepsis begegnet anstatt ihnen Chancen zu bieten.  Für eher dünn besiedelte Gegenden wie Willmar, Minnesota, bildet der Zuzug solcher Flüchtlinge eine Chance, sich weiter zu entwickeln, das wirtschaftliche Leben in der Gegend aufzufrischen und neue Impulse in einer stagnierenden Region zu setzen. Auch manchen deutschen Gegenden, gerade jenen, die an enormen Bevölkerungsschwund leiden, könnte dies gut tun.

 

Die US-Regierung ist sich der hier angesprochenen Schwächen des US-Einwanderungssystems wohl bewusst. Am 27. Juni 2013 hat der Senat den „Border Security, Economic Opportunity, and Immigration Modernization Act“ verabschiedet, mit dem die bisherige Einwanderungsgesetzgebung weitreichend verändert werden soll.

 Neben einer erleichterten Anerkennung von illegalen Einwanderern in den USA sieht das Gesetz auch vor, die Anzahl der jährlich zu vergebenden H-1B Visa zu erhöhen. Hochqualifizierte Arbeitskräfte sollen von der jährlichen Begrenzung der „employment-based“ Visas ausgenommen werden. Absolventen der STEM-Fächer mit einem Master-Abschluss oder Doktortitel, den sie an einer US-Universität erworben haben sollen eine eigene Visa-Unterkategorie erhalten, die ebenfalls von einer jährlichen Begrenzung ausgenommen wird. Gleichzeitig soll den qualifizierten Einwanderern die Möglichkeit gegeben werden, ihren Job zu wechseln, ohne dabei ihr Visum zu verlieren. Für Führungskräfte in US-amerikanischen Unternehmen soll sogar eine ganz neue „employment-based“ Visa-Kategorie geschaffen werden. Zusätzlich soll ein leistungsorientiertes Punktesystem eingeführt werden, über das sich qualifizierte Arbeitskräfte direkt, d.h. ohne den Umweg über den Arbeitgeber, für ein Visum bewerben können. Mit dieser Maßnahme soll es hochqualifizierten Arbeitskräften noch einfacher gemacht werden, im Land zu bleiben. Gleichzeitig zielt diese Maßnahme auch darauf ab, den stetig gewachsenen Visa-„backlog“ zu verringern.

Auch wenn diese Gesetzesreform noch nicht endgültig verabschiedet wurde, zeigt diese Maßnahme jedoch, dass die USA – aller innenpolitischen Querelen zum Trotz – auf dem Weg sind, aus vergangenen Fehlern zu lernen und ihr Einwanderungssystem deutlich attraktiver zu gestalten.

 

Es liegt daher auf der Hand, dass Deutschland mehr tun muss, um ausländische Fachkräfte und Talente anzuziehen. Mehr noch: diese Talente müssen in Deutschland auch eine entsprechende Willkommenskultur vorfinden. Wenn Deutschland von diesen Talenten profitieren möchte, dann reicht es nicht aus, diese Talente anzuziehen: man muss sie auch davon überzeugen, in Deutschland zu bleiben. Ausländische Fachkräfte müssen eine offene Gesellschaft vorfinden, die sie auf allen Ebenen - politisch, institutionell, unternehmerisch wie auch gesellschaftlich - akzeptiert und willkommen heißt. Dies bedeutet zuallererst ein Umdenken über die Rolle von Einwanderern in unserer Gesellschaft.

In einer Rede im Januar 2013 drückte Präsident Obama aus, was er sich von der Reformierung des Einwanderungssystems verspricht:

„[W]e’ve got to bring our legal immigration system into the 21st century…If you are a citizen, you shouldn’t have to wait years before your family is able to join you in America...If you’re a foreign student who wants to pursue a career in science or technology, or a foreign entrepreneur who wants to start a business with the backing of American investors, we should help you do that here. Because if you succeed, you’ll create American businesses and American jobs. You’ll help us grow our economy. You’ll help us strengthen our middle class.”

 

 Wenn Deutschland etwas von den USA lernen kann, dann eine solche offen vertretene Einstellung, die Einwanderung als eine Chance begreift, von der die ganze Gesellschaft profitiert.

 

 

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